«Einfach mal machen»

Digitalisierung

«Einfach mal machen»

27. Juni 2018 agvs-upsa.ch – Man muss keinen Grossbetrieb führen, um mit der Digitalisierung mitzuhalten. Auch KMU können sich heutzutage mit digitalen Angeboten profilieren und ihre Kunden mit Online-Angeboten an sich binden. Das Beispiel der Garage P. Schweizer AG in Liestal.

sco. Ein Betrieb, wie er für das Schweizer Autogewerbe typisch ist: 1984 gründeten Peter und Monika Schweizer ihre eigene Garage in Sissach BL. Der Betrieb wuchs, doch ein Erwerb der damaligen Liegenschaft und damit ein Ausbau scheiterten am Besitzer und den Platzverhältnissen. 2004 zogen die Schweizers um und erwarben im Süden des Kantonshauptorts Liestal eine eigene Garage. Heute sind 13 Mitarbeitende in der P. Schweizer AG beschäftigt, darunter fünf Lernende. Mittlerweile ist die zweite Generation gerade daran, das Ruder zu übernehmen. Seit Anfang Juni firmiert David Schweizer, der ältere von zwei Söhnen, als Geschäftsführer.

Die P. Schweizer AG gehört zu den ersten Seat-Vertretungen in der Schweiz. «Wir haben alle Höhen und Tiefen mit der Marke mitgemacht», sagt David Schweizer. Derzeit erlebt Seat wieder einen Höhenflug: In den letzten zehn Jahren konnten die Immatrikulationen in der Schweiz von gut 6000 auf mehr als 12 000 Neuwagen verdoppelt werden. Auch die aktuelle Statistik von Auto-Schweiz zeigt für die ersten fünf Monate im Jahr 2018 eine Aufwärtstendenz. Zudem kommt mit den auf Performance getrimmten Cupra-Modellen eine eigenständige Marke dazu.

Geschäftsführer mit 32 Jahren
Mit seinen 32 Jahren gehört David Schweizer zur Garde der jungen Garagisten, für die digitale Kanäle und soziale Medien kein Teufelszeug sind, sondern Alltag ist, und deren Einbindung in die Geschäftsprozesse nicht reine Not­wen­digkeit, sondern Selbst­ver­ständlichkeit. Nach einer beruflichen Grundbildung zum Automechaniker (nicht im elterlichen Betrieb) und einer Berufsmatura bildete sich David Schweizer bis zum Wirtschaftsingenieur weiter. Seine Bachelorarbeit mit dem Titel «Online-Marketing im Automobilgewerbe – Die P. Schweizer AG im digitalen Zeitalter» nahm im Sommer 2016 vorweg, was heute unter www.pschweizerag.ch zu finden ist.

Es sei wie im Leben, sagt David Schweizer zum professionellen Online-Auftritt der Familien-AG: «Der erste Eindruck zählt. Wir wollen eine anständige Visitenkarte unseres Unternehmens abgeben.» Man verkaufe zwar Produkte von Seat, so der Juniorchef: «Aber wir sind nicht Seat, sondern die P. Schweizer AG.»

Das CMS der Seite stammt von Seat-Importeur Amag. Die Garagen-Seite und die Marken-Website sind eng verflochten. «Die Seat-Seite zielt darauf ab, Produkte zu verkaufen. Wir wollen auf unserer Website Zusatzdienstleistungen anbieten und Zusatzverkäufe generieren.» Wer über pschweizerag.ch bei Seat landet, sieht dort auch die Angebote der Liestaler.

Zeitersparnis, Zusatzgeschäfte, Komfort
So können heute beispielsweise Radwechseltermine online gebucht werden. Wer dies tut, erhält verschiedene Zusatzleistungen angeboten: vom Frühlingscheck über den Klimaservice bis zur Miete von Dachboxen, um nur einige zu nennen. Das ist online um einiges diskreter als bei einer telefonischen Buchung. David Schweizer: «Am Telefon kann ich zu wenige ­Zusatzgeschäfte generieren. Auf unserem Buchungsformular muss der Kunde zwingend etwas ankreuzen.» Selbst wenn er sein Kreuz bei «keine Zusatz­leistungen» setzt, so ist er zumindest über das Angebot im Bilde.

Die Online-Buchung hat einen weiteren grossen Vor­teil, erklärt David Schweizer: «Am Telefon be­nö­tigen wir rund fünf Minuten, um einen Radwechseltermin zu vereinbaren.» 25 bis 30 Prozent dieser Termine oder mehr als 200 Termine pro Saison werden online gebucht. Die Rechnung ist schnell gemacht: 1000 Minuten oder mehr als 16 Stunden werden eingespart und können anders, sinnvoller genutzt werden.

Dank dem Content-Management-System (CMS) der Amag habe sich der Aufwand für den Aufbau der Website im Rahmen gehalten, sagt David Schweizer. Man habe lediglich eine Grafikerin und einen Fotografen beigezogen: «Die Bilder müssen gut sein, sonst bringt eine eigene Website nichts.» Die enge Vernetzung mit Seat sei ein grosser Vorteil, so der junge Garagist: «An diesen Inhalten müssen wir nichts machen. Gerade die oft wechselnden Neuwagenaktionen werden vom Importeur stets aktualisiert.»

Neben der Terminvereinbarung zum Reifenwechsel lädt ein WhatsApp-Chat zum Dialog mit der P. Schweizer AG. Zudem ist die Seite sowohl mit Autoscout24 wie auch mit Sharoo verbunden. «Auto­scout24 ist neben unserer Website die wichtigste Plattform», erklärt David Schweizer. Sharoo hingegen sei eher eine Ergänzung. Die Schweizers nutzen die Sharing-Plattformen, um an Wochenenden ihre Ersatzwagen zu vermieten, statt auf dem Hof herumstehen zu lassen. Das ist noch kein grosses Geschäft, aber bekanntlich macht auch Kleinvieh Mist… «Alle sprechen von Carsharing, von Digitalisierung. Auf diesen Zug müssen wir Garagisten aufspringen, sonst bleiben wir stehen.»

Neue Kontakte dank Social Media
Der digitale Zug hat auch einen Waggon namens Social Media. Hier ist die P. Schweizer AG auf Facebook, WhatsApp und (aus Gründen der Platzierung bei der Suchmaschine) auf Google Business aktiv. Der Instagram-Auftritt soll im August oder September dazukommen: «Auf der Website tauscht man sich vor allem mit bestehenden Kunden aus. Social Media gibt uns die Chance, neue Kontakte zu knüpfen.» Das Potenzial sei riesig, meint David Schweizer, die Pflege der Kanäle jedoch immer eine Frage der Ressourcen. Wichtig sei es, auf Social Media einen Mehrwert für den Kunden zu generieren. Das könne ein unterhaltender Post sein oder auch eine aktuelle News aus dem Garagenbetrieb: «Es ist manchmal erstaunlich, wie gut die Kunden über uns Bescheid wissen.»

Geht es um Verkaufsförderung, nimmt David Schweizer auch mal etwas Geld für Facebook-Werbung in die Hand, schliesslich verpufft das beste Angebot wirkungslos, wenn es von der Zielgruppe nicht gesehen wird: «Aber das sind maximal ein paar Hundert Franken im Jahr.» Die professionell aufgemachte Website und Posts auf Social Media werden von der Kundschaft durchs Band positiv aufgenommen. Das bedeutet nicht, dass die Digitalisierung der P. Schweizer AG damit abgeschlossen ist. Als nächster Schritt sollen alle unsere Service­leistungen auch online anbieten können», sagt David Schweizer. Dabei geht es wieder um einen Zusatznutzen für den Kunden und Zeitersparnis für den Betrieb, aber nicht nur: «Wir möchten als modernes, innovatives Unternehmen wahrgenommen werden.»

«Keine Angst vor Fehlern»
Und dann hat David Schweizer noch einen Tipp für alle Garagisten, die sich mit dem Thema Digitalisierung schwertun: «Es gibt kein richtig oder falsch. Man muss diese neuen Kommunikationsmittel ausprobieren, sich herantasten, darf keine Angst vor Fehlern haben.» Rückblickend würde er heute nicht mehr so viel Zeit investieren, um nach dem optimalen und perfekten CMS zu suchen: «Vielleicht ist das die grösste Herausforderung: Man muss lernen, mit dem nicht ganz Perfekten zu leben, und einfach mal machen.»
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